Fühler für die agile Automatisierung: Intelligente Sensoren für zukünftige Maschinen- und Anlagenkonzepte

Je breiter in automatisierten Maschinen oder Anlagen die Entscheidungsgrundlage für deren interne oder übergeordnete Automatisierungssysteme ist, desto exakter lässt sich das Produktionsergebnis steuern. Die Basis dafür bieten Sensoren, die daher nicht nur in, sondern auch zwischen den Maschinen immer zahlreicher eingesetzt werden. So vielfältig wie ihre Anwendungsbereiche sind auch die verwendeten Mess- bzw. Detektionsmethoden und die Ansprüche an Kommunikationsfähigkeiten und Eigenintelligenz.

Das Angebot an Sensoren für das Detektieren und Messen aller möglichen physikalischen Parameter ist groß, beinahe unüberblickbar. Die Kunst liegt in der Bestimmung der Kenngröße, deren Änderung die erforderlichen Schlüsse zulässt. (Bild: AdobeStock xiaoliangge)

Das Angebot an Sensoren für das Detektieren und Messen aller möglichen physikalischen Parameter ist groß, beinahe unüberblickbar. Die Kunst liegt in der Bestimmung der Kenngröße, deren Änderung die erforderlichen Schlüsse zulässt. (Bild: AdobeStock xiaoliangge)

Gewerbe und Industrie haben über die vergangenen Jahre viel in die Digitalisierung von Geschäfts- und Produktionsprozessen investiert, denn jeder Digitalisierungsschritt kann einen Gewinn an Effizienz und Produktivität bringen. Je reichhaltiger die gewonnenen Daten sind, desto leichter fällt es, Nachweispflichten zu erfüllen oder die Ursachen von Qualitätsproblemen nachzuverfolgen und in Folge zu beseitigen.

Immer öfter kommt Sensorik in Form von CCD-Arrays oder Kameras zum Einsatz, deren große Datenmengen nur mit lokaler Vorverarbeitung beherrschbar bleiben. (Bild: AdobeStock xiaoliangge)

Immer öfter kommt Sensorik in Form von CCD-Arrays oder Kameras zum Einsatz, deren große Datenmengen nur mit lokaler Vorverarbeitung beherrschbar bleiben. (Bild: AdobeStock xiaoliangge)

Wissen ist Wettbewerbsvorteil

Messdatenunterstützte Einstellvorgänge verringern unproduktive Nebenzeiten. Detaillierte Informationen über einzelne Schritte oder Aspekte im Herstellungsprozess erlauben die maschinenübergreifende Automatisierung des gesamten Herstellungsprozesses. Das Wissen um die genaue Ursache ungeplanter Stillstände ermöglicht eine zustandsabhängige vorausschauende Instandhaltung und erhöht damit die Anlagenverfügbarkeit. All dies trägt dazu bei, die Gesamtanlageneffizienz und damit die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Darüber hinaus ermöglicht es Produktherstellern, schneller auf veränderliche Marktanforderungen zu reagieren und so ihre Krisenfestigkeit zu erhöhen. Der Weg zur Industrie 4.0 ist jedoch mit Digitalisierungslücken versehen, die wie Schlaglöcher auf der Straße bremsend wirken. Um diese zu schließen, braucht es unter anderem solide Entscheidungsgrundlagen für die Steuerung. Jeder Produktionsvorgang umfasst auch Prozesse vor, zwischen und nach den einzelnen Maschinen, etwa den innerbetrieblichen Transport oder die Verpackung.

Daten aus intelligenten Sensoren ermöglichen die digitale Transformation als Voraussetzung für das Lösen von Aufgabenstellungen wie die vorausschauende Wartung oder die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. (Bild: AdobeStock Zaleman)

Daten aus intelligenten Sensoren ermöglichen die digitale Transformation als Voraussetzung für das Lösen von Aufgabenstellungen wie die vorausschauende Wartung oder die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. (Bild: AdobeStock Zaleman)

Sinnesorgane von Maschinen und Anlagen

Für eine sinnvolle und nutzbringende Digitalisierung braucht es daher sowohl auf Maschinen- als auch auf Anlagenebene Sensoren. Sie sind die Augen, Ohren und Fühler von Maschinen und Anlagen. Die von ihnen gelieferten Signale und Informationen dienen der Steuerung als Navigationshilfe und übergeordneten Systemen als Grundlage zur Optimierung des Betriebes. Wenn es stimmt, dass Daten das Öl des 21. Jahrhunderts sind, entsprechen im industriellen Umfeld die Analysesysteme an der Spitze der Automatisierungspyramide oder in der Cloud den Raffinerien und die Sensoren auf der Feldebene den Bohrstellen. In seiner einfachsten Form – etwa als Näherungs-Sensor – ist ein Sensor nicht mehr als ein Schalter, der direkt der Prozessbeeinflussung dient. Die meisten Sensoren sind jedoch weit mehr als nur einfache Bauelemente, die den aufgenommenen physikalischen Wert in Spannung oder Strom umwandeln. Sie bereiten die Signale auf und werden nicht mehr per Potentiometer eingestellt und abgeglichen, sondern über Parametersätze im eingebauten Speicher. Nicht selten liefern sie bereits vorverarbeitete Werte oder fertige Entscheidungen, um moderne, ereignisgesteuerte Programme zu bedienen.

Intelligente Sensorik ist ein Anwendungsgebiet von KI-Beschleunigermodulen und vortrainierten Algorithmen. (Bild: AdobeStock RareStock)

Intelligente Sensorik ist ein Anwendungsgebiet von KI-Beschleunigermodulen und vortrainierten Algorithmen. (Bild: AdobeStock RareStock)

Aufgabenentsprechende Konnektivität

Dazu brauchen sie Schnittstellen, deren Fähigkeiten über die traditionelle 4…20 mA-Stromschleife hinausgehen. Große, komplexe Einheiten mit einer hohen Informationsdichte – Kameras etwa – verfügen daher üblicherweise über Ethernet-Konnektivität und sind nicht selten auch WLAN-fähig oder in jüngster Zeit für das 5G-Mobilfunknetz geeignet. Dabei erweist es sich als vorteilhaft, dass sich mit OPC UA ein allgemein gültiger Standard durchsetzt, der gerade mit Bezug auf höherwertige Sensorik einige Vorteile bietet: Er verfügt über einen Vorstellungsmechanismus, der die – auch nachträgliche – Einführung neuer Netzwerkkomponenten gestattet, auch wenn diese zum Zeitpunkt der Software-Ersterstellung noch nicht einmal definiert, geschweige denn verfügbar waren. Das hilft enorm bei der zusätzlichen Ausrüstung von Produktionsanlagen, um diese per Retrofit für den flexiblen Betrieb nach den Grundsätzen von Industrie 4.0 zu ertüchtigen oder sie mit einer Zustandsüberwachung für die vorausschauende Instandhaltung zu versehen.

Mit OPC UA FX ist mittlerweile auch die harte Echtzeitfähigkeit ab der Feldebene gegeben. Deshalb werden Sensorhersteller wohl über kurz oder lang auf die Entwicklung zahlreicher Varianten für die Kompatibilität mit allen möglichen proprietären Ausprägungen von Industrial Ethernet verzichten können. Diese stellen ja auch durch die Aufwände für Entwicklung und Logistik einen nicht unbeträchtlichen Kostenfaktor dar.

Vielfalt der Kommunikation

In der Unter- und Mittelklasse der Sensorik wären solche Konnektivitätsoptionen zu teuer, vor allem aber zu groß. Dafür haben sich dedizierte Kommunikationsnetzwerke wie der IO-Link durchgesetzt. Dennoch haben jedoch auch serielle Schnittstellen wie RS232, RS458, IEEE 488 (auch als IEC-625-Bus bekannt) oder USB noch keineswegs ausgedient. Ebenso wenig übrigens wie die analoge Anschaltung über eine 4 … 20 mA Stromschleife.

Bei manchen Sensorik-Aufgaben werden Daten generiert, die andernorts ausgewertet werden. Dafür kann es sinnvoll sein, Sensoren an den bestehenden Steuerungssystemen vorbei direkt mit einer externen, nicht per Ethernet angebundenen IT kommunizieren zu lassen. Dafür gibt es viele Möglichkeiten, etwa das globale Funknetzwerk Sigfox oder das Long Range Wide Area Network (LoRaWAN), die mit hoher Datensicherheit und einen geringen Energiebedarf punkten. Auch für diese Kommunikationsverfahren sind für beinahe alle physikalischen Größen geeignete Sensoren verfügbar.

Aus Messgrößen Schlüsse ziehen

Das Angebot an Sensoren für das Detektieren und Messen aller physikalischen Parameter von Position, Neigung, Winkel und Distanz über Strom, Energie, Druck und Temperatur bis Füllstand und Durchfluss ist groß, beinahe unüberblickbar. Dazu kommen Systeme der digitalen Bildverarbeitung, etwa Lidar-Sensoren für die optische Abstands- und Geschwindigkeitsmessung. Bei der Auswahl des passenden Gerätes für die jeweilige Aufgabe liegt die Kunst in der Bestimmung der Kenngröße, deren Änderung die erforderlichen Schlüsse zulässt. So kann man etwa von der erhöhten Stromaufnahme in einer Motorzuleitung oder einer zu hohen Temperatur auf eine mechanische Schwergängigkeit infolge von Abnützung oder mangelnder Schmierung schließen. Vibrationen lassen Rückschlüsse auf Verschleißerscheinungen zu, Veränderungen im Durchflussverhalten von Betriebsstoffen legen deren Austausch nahe.

Solche Informationen ermöglichen zielgerichtete und daher zeitsparende Überprüfungen und Eingriffe durch das Wartungspersonal. Zudem lässt sich durch eine automatische Anpassung der Bearbeitungsparameter in vielen Fällen der produktive Betrieb der Anlage verlängern, um ohne Stillstand bis zu einem geplanten Wartungseingriff zu kommen. Auf dem Weg zur digitalen Fabrik und zur selbstoptimierenden Maschine kann es von Vorteil sein, Prozesstechnik-Sensoren, z. B. Durchflussmesser, für Aufgaben in diskreten Anwendungen umzunutzen, um die von ihnen erfassten Messgrößen in das Gesamtbild einfließen zu lassen.

Auch dort, wo die Sensorik durch die Bestimmung von Lage, Weg oder relativen Positionen beweglicher Maschinenteile zur Verbesserung der Anlageneffizienz beiträgt, ist die Wahl der passenden Messgröße erfolgsentscheidend. Bei zahlreichen Größen lässt sich das optimale Messverfahren und damit die Sensorgrundtype immer nur im Einzelfall beurteilen.

Fortschritt durch Miniaturisierung

Sensoren für viele physikalische Größen finden sich heute in stückzahlstarken Produkten wie Automobilen oder Smartphones. Gemeinsam mit der weiter fortschreitenden Miniaturisierung in der Mikroelektronik hat das dazu geführt, dass Sensoren vergleichsweise kostengünstig verfügbar sind, mit hoher Zuverlässigkeit und auch in robusten, industrietauglichen Ausführungen. Gleiches gilt für Messgeräte, -wandler und –umformer. Auch diese sind heute genauer, schneller, kleiner und preislich günstiger und lassen sich einfacher in die Maschinen-Automatisierungslösung integrieren als früher. So stehen Maschinen- und Anlagenbauern heute Mess- und Fühleinrichtungen zur Verfügung, die sich mit der Automatisierungshard- und –software nahtlos zu einer durchgängigen Einheit verknüpfen lassen. Erst diese ermöglichen einen wahrhaft mechatronischen Aufbau von Maschinen, in dem Mechanik, Elektronik und Software gleichberechtigt und eng verwoben aufeinander reagieren, um ein Höchstmaß an Maschineneffizienz zu erreichen.

Richtig verteilte Intelligenz

Überproportional gestiegen sind auch Verarbeitungsleistung und Speicherkapazität von Computerhardware von system-on-Modules für die direkte Integration über SPS, Industrie-PCs bis hin zu Serverplattformen. Deren bessere und kostengünstigere Verfügbarkeit als Steuerrechner sorgt dafür, dass viel mehr Sensoren ausgewertet werden können als früher. Dadurch lassen sich echte Messwerte in Echtzeit für Steuer- und Regelaufgaben heranziehen, miteinander verquicken und verarbeiten, aber auch zur Erfüllung von Nachweispflichten archivieren. Das erleichtert auch eine permanente Zustandsüberwachung durch die Kombination von Signalen mehrerer hochintegrierter Sensoren.

Die mögliche und dank kostengünstig verfügbarer Coprozessoren einfach zu erlangende Eignung der Computerhardware für Sensordatenanalyse mittels Algorithmen der künstlichen Intelligenz (KI) ermöglicht es zudem, die Entscheidungsgrundlage der Automatisierungssysteme auf zusätzliche Beine zu stellen. All dies führt aber auch zu neuen Fragestellungen bei der Auslegung von Sensorik-Systemen. Eine davon ist, wo die Daten aus den Sensoren am besten verarbeitet werden sollen. Hochvolumige Informationen, die in erster Linie statistischen Auswertungen dienen, sollten schon aus Performancegründen im unternehmenseigenen Rechenzentrum oder in der Cloud bearbeitet werden. Schon im Interesse der Datensouveränität und der Kosten für die Datenübertragung erweist sich dabei eine Vorverarbeitung in Edge-Computern meist als vorteilhaft.

Ergebnisse statt Rohdaten

Sensordaten mit direktem Einfluss auf die Maschinen- oder Anlagensteuerung werden wohl auch weiterhin in erster Linie direkt in die SPS oder ein Scada-System fließen und dort die passenden Reaktionen auslösen. Um die Steuerrechner nicht mit solchen Aufgaben zu überfrachten, ist allerdings auch dabei die Vorverarbeitung der Rohdaten von Vorteil. Diese Aufgabe kann nicht nur auf dedizierte Rechner innerhalb des Netzwerks ausgelagert werden. Ermöglich durch die Miniaturisierung der Computerhardware zur direkten Integration sind immer mehr komplexe Sensoren mit hohem Datenaufkommen mit einem hohen Maß an Eigenintelligenz ausgestattet. Sie enthalten meist sowohl die Hardware als auch eine konfigurierbare Software zur Datenkonzentration und -vorverarbeitung. Oft kann das auch ein KI-Beschleunigermodul und vortrainierte Algorithmen umfassen. Deren Output muss nicht immer den Umweg über einen zentralen Steuerrechner gehen, sondern kann in manchen Fällen direkt als Eingangsgröße für eingebettete Robotik- oder Antriebssysteme dienen.

Intelligente Sensorik für intelligente Maschinen

Die Zeiten, als Maschinen- und Anlagenbauer Sensoren als zusätzliche Fehlerquelle eingestuft und ihre Anzahl möglichst geringgehalten haben, sind endgültig vorbei. Wie man nicht nur beim Besuch der Messtechnik-Messe Sensor+Test erleben kann, bietet die aktuell verfügbare Sensorik jede Möglichkeit, den Betrieb von Maschinen und Anlagen auf die Basis valider Informationen zu stellen und so deren Präzision und Effizienz zu steigern, bessere Konzepte für ihre vorausschauende Wartung zu realisieren und aussagefähigere Informationen für die betriebliche Entscheidungsfindung zu erhalten.

Filtern

Suchbegriff

Unterkategorie

Firmen

Inhaltstyp

Firmentyp

Land