gastkommentar

Industrie 4.0 – Fluch oder Segen?

Reizthema „Pure Spekulation“

Scharf beobachtend, genau hinterfragend und kritisch - T&G-Geschäftsführer Harald Taschek von seiner „provokanten“ Seite.

Scharf beobachtend, genau hinterfragend und kritisch - T&G-Geschäftsführer Harald Taschek von seiner „provokanten“ Seite.

Wo Licht, da auch Schatten. Wo Positives, da auch Negatives. Wo eine große Vorderseite, da ziemlich sicher auch eine „entsprechende“ Kehrseite. Das Gesetz der Polarität besagt, dass alles in dieser Welt zwei Pole hat und braucht. Weil das eine nur durch das andere erfahrbar ist: Z. B. Reichtum durch Armut, Stärke durch Schwäche, Gut durch Böse. Aber was ist gut? Und was ist böse? Bereits seit Urzeiten stellen sich Menschen diese Frage. Die „richtige“ Antwort darauf wurde dennoch nicht gefunden, da es kein eindeutiges Richtig oder Falsch gibt. Was heute erstrebenswert erscheint, kann sich morgen als gefährliches Übel erweisen. Und umgekehrt kann, was im Moment nach einer absoluten Katastrophe aussieht, in weiterer Folge die Erfindung schlechthin werden. Stichwort Post-it. Jeder kennt sie diese selbsthaftenden kleinen Notizzettel. Kaum einer weiß aber, dass diese an sich einer „Fehl-Entwicklung“ entsprangen und erst viele Jahre später eher zufällig für einen anderen Verwendungszweck Berühmtheit erlangten. Ganz anders hingegen bei Asbest: Was früher als „Wunderfaser“ gefeiert wurde, gilt heute als gesundheitsschädigend. Was will ich mit diesen meinen Ausführungen sagen? In vielen Fällen gibt erst die Zeit darüber Aufschluss, ob eine Innovation unterm Strich mehr „Positives“ oder mehr „Negatives“ mit sich brachte. Dennoch wird von Anfang an wie wild spekuliert, prognostiziert und teilweise fast schon phantasiert, was denn künftig alles sein werde. Und so klaffen auch beim Thema Industrie 4.0 die Meinungen extrem auseinander. Je nach Auge (= Motivation) des Betrachters ist scheinbar alles möglich auf einer von Fluch bis Segen reichenden Bewertungsskala.

Was jetzt? Job-Killer oder Job-Motor?

Je mehr ich mich mit dem Thema Industrie 4.0. befasse, umso erstaunter bin ich, was es so alles darüber zu lesen gibt. Die Variationsbreite diverser Schlagzeilen reicht von „Digitalisierung schafft rund 1,5 Millionen Arbeitsplätze“ bis „Industrie 4.0 killt fünf Millionen Jobs“. Laut mehreren Marktuntersuchungen weiß zwar kaum einer im Detail, wofür der Begriff I 4.0 tatsächlich steht, aber dafür hat fast jeder eine Meinung dazu. Selten noch wurde so flächendeckend und hitzig über eine technische Weiterentwicklung diskutiert. Das liegt daran, dass die sogenannte vierte industrielle Revolution vor allem in gesellschaftspolitischer Hinsicht einen gewaltigen Umbruch bedeutet. Denn rein automatisierungstechnisch betrachtet stellt sie ja „nur“ eine logische Weiterentwicklung des Bestehenden, sprich eine Evolution, dar.

www.tug.at

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Ist die Welt bereit für die Digitalisierung?

Meines Erachtens ist genau das DIE Frage, die die Gemüter derzeit teilweise dermaßen heiß laufen lässt. Sind wir imstande mit den Themenstellungen, die eine vernetzte Welt mit sich bringt, umzugehen? Können wir überhaupt auch nur annähernd vollständig abschätzen, was im Zuge dessen alles auf uns zukommen wird? Wer stellt letztendlich die entscheidenden Weichen für die Zukunft? Politiker, irgendwelche Nerds im Silicon Valley, renommierte Technologiefirmen, das gemeine Volk – sprich die Menschen auf der Straße, die vielleicht irgendwann da oder dort „Stopp“ schreien? Fragen über Fragen und mit jedem Antwort-Versuch darauf bewegen wir uns in Wahrheit im Land der Mutmaßungen. Wir können über Auswirkungen, Vor- und/oder Nachteile spekulieren, aber wissen tun wir nichts. Denn mit der I 4.0-Bewegung und allem, was rundherum zu einer zunehmenden „Internetisierung“ dazugehört, wird sich alles verändern: nicht nur die Produktion und Arbeit in der Industrie, sondern sämtliche Abläufe im täglichen Leben. Angestammte Berufsfelder werden (zumindest vorübergehend) unter Umständen fallen oder vom Aussterben bedroht sein, andere neue werden sich auftun. Welche? Welche Qualifikationen werden in einer intelligenten „Smart Factory“ benötigt? Wann wird diese „Standard“ werden? Im Moment scheitern groß angelegte Vernetzungs-Visionen ja vielfach noch an den Basics:


• An der Infrastruktur für durchgängige Datenflüsse – nicht jede Maschine bzw. jedes Gerät ist internetfähig.
• An den Kosten – manchmal spricht eine ehrliche Kosten-Nutzen-Analyse gegen das Vernetzen, weil der Aufwand, um die dafür nötigen Kommunikationskanäle herzustellen, noch zu hoch ist.
• Am Wollen – jedes Unternehmen muss für sich entscheiden, wieviel I 4.0 für die eigenen Anforderungen und Ziele optimal ist. Bei diesem Thema gibt es keine Patentrezepte, die für alle passen. Hier braucht jeder seine eigene Strategie. Und zwar eine gesamtheitliche.

Der „hybride AutomatisierungsITler“ als Techniker von morgen?

Im Grunde genommen sind alle Prognosen in Sachen Industrie 4.0 zu einem Gutteil reine Mutmaßungen. Klar, gibt es mittlerweile zahlreiche Geräte, Systeme und Lösungen, die internettauglich sind. Und ja, es werden immer mehr Standards gesetzt bzw. Weichen gestellt, um Datenflüsse von der Feld- bis zur ERP-Ebene und teilweise sogar noch darüber hinaus durchgängig zu gestalten. Aber es wird sicher noch eine Weile dauern bis sich die Mehrheit der Produkte vollkommen autonom durch die Fabriken navigiert. Denn es ist zwar in der heutigen Zeit relativ einfach machbar, eine „Smart Factory“ auf eine grüne Wiese zu stellen, aber bei einem Umrüsten von bestehenden teilweise noch Insellösungen auf total vernetzt, geht sehr schnell die Kostenschere auf.

Eine weitere „Schere“, die ich im Zusammenhang mit I 4.0 orte: Einerseits benötigen wir für die Umsetzung dieser Vision eine entsprechend hohe Anzahl „hybrider AutomtasierungsITler“. Damit meine ich Techniker, die sowohl SPSen programmieren als auch mit einer Datenbank umgehen können. In der Realität klagen wir aber bereits jetzt über einen Fachkräfte- bzw. Technikermangel. Andererseits stellt sich für mich persönlich die Frage, wie weit sich Menschen zu Erfüllungsgehilfen von Maschinen oder Anlagen degradieren lassen wollen/werden. Denn gerade hochqualifizierte Mitarbeiter agieren meiner Erfahrung nach nur ungern fremdbestimmt. Ein weiteres brisantes Thema in diesem Zusammenhang: Stimmige Arbeitszeitlösungen. Für ein Höchstmaß an Flexibilität in einem fertigenden Betrieb braucht es Mitarbeiter, die sich quasi im Stand-by-Modus an die jeweiligen Produktionsanforderungen anpassen. Wie weit werden die Arbeitnehmer da mitspielen? Bekommen dann überhaupt noch alle Unternehmen geeignete Kandidaten ab? Nur die Zukunft wird all dies und noch vieles andere mehr weisen. Insofern bleibt die Beschäftigung mit dem Thema Industrie 4.0 mit Sicherheit auch in den nächsten Jahren noch sehr spannend! Wir von T&G sind auf jeden Fall bereits jetzt mit offenen Hardware-, Software- und Brainware-Lösungen für das Kommende gerüstet – wie immer dieses auch im Detail aussehen mag.

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