interview

eks Engel s-live-System: Ferndiagnose via Livestream

Mehrere kluge Köpfe wissen bekanntlich mehr als einer. Grund genug sich darüber Gedanken zu machen, wie sich weltweit verfügbares Expertenwissen in Echtzeit zusammenführen lässt. Mit dem portablen s-live-System bietet eks Engel eine plattformunabhängige Lösung für eine Unternehmens- und Ländergrenzen übergreifende Video-Kollaboration. Wobei die parallele Nutzung verschiedener Übertragungswege (Mobilfunk, LAN, WLAN) in Kombination mit einem ausgeklügelten Datensplitting für höchste Abhörsicherheit beim Livestreaming sorgt, wie Ralph Engel und Holger Steudtner im Gespräch mit x-technik betonen. Von Sandra Winter, x-technik

Der Mitarbeiter vor Ort kann mit der portablen Hardware im Störungsfall Auge und Ohr desjenigen sein, der das Know-how hat, um das bestehende Problem zu lösen.

Der Mitarbeiter vor Ort kann mit der portablen Hardware im Störungsfall Auge und Ohr desjenigen sein, der das Know-how hat, um das bestehende Problem zu lösen.

Ralph Engel
Geschäftsführer der eks Engel GmbH & Co. KG

„Unser Tool deckt eigentlich die gesamte Palette vom Vorbeugen bis hin zum Spontan-Support in akuten Notfällen ab. Wobei so eine abhörsichere Ferndiagnose-Möglichkeit mit Bild und Ton keineswegs nur für industrielle Applikationen interessant ist.“

Was ist die primäre Idee hinter Ihrer Ferndiagnose-Lösung?

Ralph Engel: Dass man sieht, worüber gesprochen wird. Bei einem telefonischen Support könnte es unter Umständen passieren, dass der Hilfesuchende und der Experte am anderen Ende der Leitung minutenlang aneinander vorbeireden, weil ein Gerät anders eingebaut ist als erwartet und daher die „falschen“ LEDs blinken bzw. nicht blinken.

Holger Steudtner: Der Mitarbeiter an der Maschine kann mit unserer portablen Hardware im Störungsfall Auge und Ohr desjenigen sein, der das Know-how hat, um das bestehende Problem zu lösen. Bei Bedarf können sich sogar mehrere Experten aus aller Welt zu einer s-live-Videokonferenz zuschalten, um Ursachenforschung zu betreiben bei einem schwer auffindbaren Funktionsdefekt.

Neben einem robusten Tablet, das zwei Mobilfunkkanäle mit zwei unabhängigen 4G-fähigen Mobilfunkkarten unterstützt, gehören ein Headset mit Mikrofon sowie eine abnehmbare USB-Kamera, in die zusätzlich eine LED-Leuchte und ein Laserpointer integriert sind, zur Grundausstattung des s-live-Systems.

Neben einem robusten Tablet, das zwei Mobilfunkkanäle mit zwei unabhängigen 4G-fähigen Mobilfunkkarten unterstützt, gehören ein Headset mit Mikrofon sowie eine abnehmbare USB-Kamera, in die zusätzlich eine LED-Leuchte und ein Laserpointer integriert sind, zur Grundausstattung des s-live-Systems.

Holger Steudtner
Entwickler des s-live-Systems

„Für die Audiokommunikation wird das SIP-Protokoll benutzt, im speziellen Fall Voice over IP in verschlüsselter Form, und bei der Videoübertragung setzen wir auf Datensplitting. Diese Kombination sorgt für höchste Abhörsicherheit beim Livestreaming.“

Was sind typische Anwendungsszenarien für das s-live-System?

Ralph Engel: Es gibt vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Unser Tool deckt eigentlich die gesamte Palette vom Vorbeugen bis hin zum Spontan-Support in akuten Notfällen ab. Einerseits kann man sich beispielsweise bei Service-Arbeiten mittels Videoübertragung über die Schulter blicken lassen, damit gegengecheckt wird, ob alles richtig gemacht wurde. Andererseits muss sich niemand in ein Flugzeug oder Auto setzen, um – zeitverzögert und kostenintensiv – vor Ort Hilfe zu leisten, sondern kann dies unmittelbar und sofort von der Ferne aus tun. Wobei so eine Ferndiagnose-Möglichkeit mit Bild und Ton keineswegs nur für industrielle Applikationen interessant ist. Wir bekamen sogar schon eine auf den ersten Blick vielleicht nicht gerade auf der Hand liegende Anfrage aus dem arabischen Raum: Ob man mit unserem Tool mit einem 2.000 Kilometer entfernt sitzenden Arzt in Verbindung treten könnte, wenn das Lieblingskamel des Scheichs eine Verletzung am Huf hätte. Denn wenn der Experte für eine bestimmte Aufgabenstellung aus irgendwelchen Gründen nicht zum Problem kommen kann, muss eben das Problem zum Experten kommen. Unser portables Kollaborations-System macht genau das möglich.

Holger Steudtner: Ich würde gerne einen weiteren Anwendungsfall ergänzen, für den unsere Lösung geradezu prädestiniert ist: In jeder Firma gibt es „Produktionsgeheimnisse“, die das eigentliche Kern-Know-how des Unternehmens darstellen und die dementsprechend gut geschützt werden. Externe Servicetechniker müssen teilweise an der Pforte unterschreiben, dass sie ihre Handys nicht aktivieren, keine Fotos machen und sich nicht ins firmeneigene WLAN einloggen. Teilweise werden sogar riesige Vorhänge vorgezogen, um bestimmte Bereiche oder Maschinen vor „fremden Augen“ abzuschotten. Solche außertourlichen Sicherheitsvorkehrungen können den gewohnten Produktionsablauf mitunter empfindlich stören. Mit einem s-live-Einsatz durch einen Mitarbeiter des Kunden kann man sich diesen Aufwand sparen. Außerdem ist bei unserer Lösung gesichert, dass nicht nach außen dringt, was Interna bleiben sollten.

Ich nehme an Sie meinen damit die Abhörsicherheit des s-live-Systems?

Holger Steudtner: Ja. Für die Audiokommunikation wird das SIP-Protokoll benutzt, im speziellen Fall Voice over IP in verschlüsselter Form. Bei der Videoübertragung setzen wir auf Datensplitting. Die Hardware, in der standardmäßig zwei Mobilfunkkarten verbaut sind, kann beispielsweise über zwei Mobilfunkkanäle und zusätzlich über das kundeneigene WLAN-Netz mit dem Internet verbunden sein. Unser s-live-System verwendet diese drei Kanäle dazu, das Videosignal „zu zerhacken“. Und zwar so, dass nichts außer einem Datenrauschen zu empfangen wäre, wenn man als Unbefugter einen Kanal „knacken“ und abhören würde.

Ralph Engel: Das Übertragungsprotokoll, das wir einsetzen, um Daten auf bis zu vier Kanäle aufzusplitten, ist eine Eigenentwicklung und nennt sich COTP – Collaborative Transport Protocol. Erst am Zielort werden die Datenpakete dann wieder zu einem durchgängigen Videosignal zusammengefügt. Wobei das sogenannte Re-Transmission Management während eines laufenden Videostreams im Hintergrund still und leise dafür sorgt, dass fehlende Daten erneut gesendet werden.

Das Streaming hochauflösender Videos in Echtzeit erfordert ja eine stabile Übertragung großer Datenmengen – wie wird diese gewährleistet?

Holger Steudtner: Für die Datenübertragung mit dynamischer Bandbreitenanpassung kommt die bestehende Infrastruktur zum Einsatz. Wir greifen wie bereits erwähnt auf Mobilfunkverbindungen nach dem 3G/4G-Standard zurück, nutzen drahtlose lokale Netzwerke genauso wie das Ethernet und bedienen uns der IP-over-SAT-Technologie, um die Daten bereitzustellen. Die Übertragung erfolgt gleichzeitig und parallel. Das s-live-System prüft bei jedem Einsatz, welche Kanäle aktuell zur Verfügung stehen und nimmt kontinuierlich Bandbreitenmessungen vor. Eine adaptive Datenratensteuerung sorgt dann für eine gleichbleibend hohe Qualität der Verbindung.

Ralph Engel: Derzeit übertragen wir zwar Audiosignale bidirektional, aber für den Video-Support wird bis dato nur der Vorwärtskanal genutzt. Das soll sich in Zukunft ändern. Unsere Vision ist es, die bereits zur Verfügung stehende Videoübertragungstechnik mit interaktiven Augmented Reality-Möglichkeiten zu kombinieren. Vorstellbar wäre beispielsweise, dass der Mitarbeiter vor Ort über eine Datenbrille gleich auch noch den Schaltplan der Maschine eingeblendet bekommt, um bei der Problembehebung noch gezielter vorgehen zu können.

Wie wird Ihre Video-Kollaborations-Lösung bisher vom Markt angenommen?

Ralph Engel: Sehr gut. Wobei wir festgestellt haben, dass wir unterschiedliche Lösungspakete anbieten müssen. Denn manche Kunden zeigen sich „lediglich“ an unserer abhörsicheren Übertragungstechnik, sprich an entsprechenden Software-Lizenzen interessiert. An sich besteht das s-live-System ja aus Software und Hardware. Neben einem robusten Tablet, das zwei Mobilfunkkanäle mit zwei unabhängigen 4G-fähigen Mobilfunkkarten unterstützt, gehören ein Headset mit Mikrofon sowie eine abnehmbare USB-Kamera, in die zusätzlich eine LED-Leuchte und ein Laserpointer integriert sind, zur Grundausstattung. Es können aber auch andere USB-fähige Kameratypen wie etwa Slow-Motion-, Infrarot- oder Nachtsichtgeräte verwendet werden.

Letzte Frage: Sehen Sie generell einen Trend zu einer Unternehmens- und Ländergrenzen überschreitenden „Connecting Competence“, bei der in Echtzeit auf weltweit vorhandenes Expertenwissen zurückgegriffen wird?

Ralph Engel: Um Lösungen zu finden, mussten die Menschen schon immer miteinander reden. Das gilt prinzipiell für alle Bereiche des Lebens. Im industriellen Bereich gibt es aber vieles, das extrem zeit- bzw. geldgetrieben ist und mit den Möglichkeiten moderner Technik kann nun viel gezielter und schneller darauf reagiert werden, wenn es wirklich irgendwo „brennt“. Mit unserem System lassen sich innerhalb kürzester Zeit die richtigen Verbindungen für eine rasche Soforthilfe herstellen – und zwar vollkommen unabhängig davon, ob die entsprechenden Experten einen Stock höher oder am anderen Ende der Welt sitzen. Denn es braucht lediglich einen Login über eine webbasierte Supporter-Plattform, um bei einer abhörsicheren s-live-Videosession dabei zu sein.

www.eks-lst.de

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