gastkommentar

Die Kobots kommen!

Gastkommentar Welche wesentlichen Produktentwicklungen haben die Welt der Produktionsautomatisierung in den letzten Jahren entscheidend verändert und mit welchen ist in den nächsten Jahren zu rechnen?

Ing. Günther Probst, Geschäftsführer der Schmachtl GmbH

Ing. Günther Probst, Geschäftsführer der Schmachtl GmbH

Aus meiner Sicht gibt es rückblickend nur wenige Produktentwicklungen, welche die Welt der Produktionsautomatisierung in den letzten Jahren entscheidend verändert haben. Der große Big Bang ist vermutlich auch in den nächsten paar Jahren nicht zu erwarten, auch wenn Marketinginitiativen von Anbietern und die Werbung durch Medien mit fast schon allumfassenden Titeln wie „Industrie 4.0“ den Markt genau das glauben lassen. Alleine schon die Bezeichnung lässt den Anwender trügerisch annehmen, dass zu einem Release-Datum 4.0 großes Neues erscheinen wird.

Nach 30 Jahren Tätigkeit in der industriellen Automation müssen nach meiner Erfahrung wesentliche neue Entwicklungen meist über längere Zeit technologisch reifen, um zu wirtschaftlich wirksamen Innovationen zu werden. Vergangene Beispiele wie die Durchdringung der Prozess- und Automatisierungswelt mit angewandter Feldbustechnologie oder die Verschmelzung von Steuerungs- und Antriebstechnik haben gezeigt, dass wir über langfristige evolutionären Trends bis zur vollen Erschließung des Nutzens in Produktionsbetrieben sprechen. Meist spielt sich der Zeitzyklus solcher Trends in ein bis zwei Jahrzehnten oder sogar in einem noch längeren Zeitraum ab.

Wie sich eine neue Technologie auf die Produktionsautomatisierung auswirkt, wird weiterhin sehr region- und branchenspezifisch zu betrachten sein. So wie die Verwertbarkeit im EU- Raum ganz anders aussehen kann als in China.

Ich möchte daher in meiner Betrachtung auf die möglichen Innovationen in den produzierenden Betrieben Österreichs und auf wenige aber sehr vielversprechende Technologien zum Nutzen unserer ansässigen Unternehmen eingehen.

Durch die intensive und langjährige Auseinandersetzung von Schmachtl als Integrator für industrielle Bildverarbeitungslösungen können wir sagen, dass diese Technologie nach fast zwei Jahrzehnten abseits von manchen großen Trends innovationsreif geworden ist. Nach einem ersten Hype in den frühen 90er-Jahren kam um die Jahrtausendwende die Ernüchterung, dass die Möglichkeiten der Bildverarbeitungstechnologie in der Anwendung doch recht eingeschränkt und oft diffizil waren. Diese Zeit hat durch das Erfahrungsbild mit Vision-Technik so manchen ernüchterten Anwender eher skeptisch geprägt. Aus Sicht von Schmachtl mit mehr als hundert unterschiedlichen realisierten Anwendungen in der Bildverarbeitung in unterschiedlichsten Branchen, wissen wir, das heute die Vision-Technologie die meisten gestellten Anforderungen auch im früher schwierigen Umfeld von Inspektionsaufgaben zur Qualitätssicherung ausgezeichnet lösen kann. Eine echte Chance für Produktionsunternehmen, um durch Top-Qualität ihre Position im internationalen Wettbewerb mit geringem und leistbaren Ressourceneinsatz zu sichern.

Durch unsere prüftechnischen Lösungen als Systemanbieter in der Fertigungsautomatisierung sind wir zunehmend mit dem Thema der Handhabung und Robotik konfrontiert. In vielen Fällen mittelständischer Produktionsbetriebe ist nur eine Teilautomatisierung der Fertigungsprozesse möglich und notwendige automatisierte optische Prüfschritte können nicht „In Line“ in vollautomatisierte Linien integriert werden. Erst die Kombination eines Roboters zur Handhabung mit einem Bildverarbeitungssystem zur optischen Qualitätsinspektion kann hier Lösungen bieten, welche jedoch bisher häufig mit hohen Kosten verbunden waren und zu einer ungünstigen ROI- Betrachtung für diese Investitionen führten.

Die hohen Gesamtkosten für die Handhabung im Prozess sind meist durch aufwendige Roboterzellen mit Schutzzäunen, Sicherheitseinrichtungen und einem hohem Platzbedarf verbunden. Gerade in mittelständischen Unternehmen der Produktion fanden die geplanten Projekte zur Modernisierung hier häufig ein Ende in der Konzeptfindung. Ein aus meiner Sicht ganz maßgeblicher neuer Innovationstrend schafft nun genau für diese Anwender eine wesentliche Erleichterung:

Bild: KUKA

Bild: KUKA

Sensitive Roboter erobern den Markt!

Bisher musste der Roboter, ähnlich einem gefährlichen Tier, mit hohem Aufwand in einen Käfig aus Sicherheitszaun und Sicherheitsvorrichtungen gesperrt werden. Die vom Roboter ausgehende Gefahr durch Stöße, Schläge, Quetschungen sind allseits bekannt. Die neue Generation von Sensitiven Robotern ist mit Merkmalen ausgestattet, welche bisher nur Lebewesen vorweisen konnten. Der Roboter hat nun einen Tastsinn, kann auf Berührungen in all seinen Gelenken reagieren und ist damit erstmals nachgiebig. Durch diese Eigenschaften wird er quasi eigensicher und kann aus der industriellen Umzäunung entlassen werden. Aufgrund dieser Tatsache können schon heute wesentliche Kosten in der Handhabung – wie bei prüftechnischen Anwendungen mit Bildverarbeitung – in Fertigungsprozessen gespart werden und Investitionen werden machbar und wirtschaftlich.

In Zukunft wird der Roboter mit seinen neuen Eigenschaften zum kollaborativen Partner mutieren – einem KOBOT, welcher im Team mit Menschen gemeinsame Arbeiten erledigt. Neben dem Aspekt der Sicherheit werden Roboter durch den kombinierten Einsatz bereits erschlossener Technologien deutlich an Fähigkeiten gewinnen. Auch heute schon ist technisches Hören, Sehen und Sprechen für Geräte und Maschinen möglich. Denken wir nur an die Personal Assistants aus dem Consumer-Bereich, welche wir verwenden. Die Fusion und Koordination dieser Technologien wird Robotern ermöglichen, dem Menschen auch in der Industrie zunehmend zu assistieren. Die resultierenden Vorteile für die österreichische produzierende Industrie sind riesig. Zur Standortsicherung im schwierigen Umfeld des demografischen Wandels, des Facharbeitermangels und der zunehmenden Flexibilitätsanforderungen wird der kombinierte Einsatz von Mensch und Roboter vermutlich zum essentiellen Erfolgs- und Überlebenskriterium der Unternehmen. Natürlich wird sich dieser Prozess in evolutionären Stufen entfalten und kognitive Arbeiten in der Produktion werden vermutlich noch lange dem Menschen vorbehalten sein. Eine Entlastung für körperlich schwere und repetitive Aufgaben durch einen Roboter bieten für die immer älter, aber auch erfahrener werdenden Facharbeiter die Möglichkeit, sich auf die wichtigen Aufgaben der Produktion zu konzentrieren.

Wer glaubt, dieses Zukunftsszenario sei noch weit weg, der sollte beachten, dass wir uns bereits mitten im Geschehen befinden. Saugroboter im Haushalt, Mähroboter im Garten, fahrerlose Transportsysteme im Industrie- und Dienstleistungsumfeld sowie Shuttles erobern – ausgestattet mit der notwendigen Sensorik – bereits heute unser Leben und erleichtern dieses. Führende Anbieter von Robotern haben sensitive Leichtbauroboter bereits am Markt platziert oder stehen kurz vor der Einführung. Hundertschaften von Entwicklern sowie EU-weite Förderprojekte widmen sich diesem Thema, welches nicht mehr aufzuhalten ist.

Am Ende siegt der wirtschaftliche Nutzen in der Anwendung einer neuen Technologie, und diese liegt gerade für unseren Industrieraum und den Standort Österreich klar auf der Hand. Ein beachtenswerte Trend, den wir bei Schmachtl – als Integrator für die Produktionsmodernisierung und Fertigungsmontage – in den Vordergrund unserer strategischen Ausrichtung und weiteren Entwicklung stellen.

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